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»Ein Film wie SHOAH altert nicht. Er bekommt keine Falten, weil er seine eigene Aktualität schafft. Am Anfang von SHOAH stehen die Worte: ›Die Handlung beginnt in unseren Tagen.‹ Das war 1985 wahr, und es ist heute noch immer wahr. Ich hoffe, dass dies auch in 50 Jahren noch so sein wird. Ich glaube, dass SHOAH ein unsterblicher Film ist.«

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Shoah

Frankreich, 1973–1985

Regie, Buch: Claude Lanzmann Recherche-Assistenz: Corinna Coulmas, Irène Steinfeldt-Lévi, Shalmi Bar Mor Regieassistenz: Corinna Coulmas, Irène Steinfeldt-Lévi ­Dolmetscher: Barbara Janicka (Polnisch), Francine Kaufmann (Hebräisch), Frau Apfelbaum (Jiddisch) Kamera: Dominique Chapuis, Jimmy Glasberg, William Lubtchansky Kamera­assistenz: Caroline Champetier de Ribes, Jean-Yves Escoffier, Slavek Olczyk, Andrès Silvart Ton: Bernard Aubouy, Michel Vionnet (in Israel) Schnitt: Ziva Postec, Anna Ruiz (für eine Treblinka-Sequenz) Schnittassistenz: Geneviève de Gouvin Saint-Cyr, ­Bénédicte Mallet, Yaël Perlov, Christine Simonot Tonschnitt: Danielle Fillios, Anne ­Marie L’Hôte, Sabine Mamou Tonschnitt (Assistenz): Catherine Sabba, Catherine Trouillet Mischung: Bernard Aubouy Produktionsleitung: Stella Gregorz-Quef, Séverine Olivier-Lacamp Produktionsbüro: Raymonde Badé-Mauffroy Produktion: Les Films Aleph, Historia Films Untertitel OF: Irith Leker, Odette Audebeau-Cadier, Claude Lanzmann Uraufführung: 21. April 1985 (Paris, Théâtre de l‘Empire)

Deutsche Erstaufführungen: 17.–18. Februar 1986 (36. Internationale Filmfestspiele, Berlin – 16. Internationales Forum des Jungen Films, Delphi Filmpalast) TV: März/April 1986 als Vierteiler in den Dritten Programmen der ARD-Anstalten unter Federführung des WDR. Wiederholung in WEST 3 vom 12. Bis 14. Dezember 1991.

Auszeichnungen weltweit (Auswahl):
1985 The New York Film Critics Circle (NYFCC) Awards, Bester Dokumentarfilm · Los Angeles Film Critics Association ­(LAFCA) Awards, Besondere Erwähnung · Prix des Arts, des Lettres et des Sciences de la Fondation du Judaïsme français · Prix de la Ligue Internationale Contre le Racisme et l’Antisémitisme
1986 National Society of Film Critics (NFSC) Awards, Bester ­Dokumentarfilm · The Boston Society of Film Critics (BSFC), Bester Dokumentarfilm ·­ Filmpreis Rotterdam · British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) Awards, Flaherty Dokumentarfilmpreis · Caligari Filmpreis der Berlinale · FIPRESCI-Preis der Berlinale (Forum) · Preis der Internationalen Katholischen Organisation · The Torch of Liberty Award · Christopher Award · Preis des Simon Wiesenthal Centers · Preis der International Documentary Association (IDA) · Ehren-César · 1987 The Peabody Award · Grimme-Preis in Gold · Broadcasting Press Guild Television Awards · Kansas City Film Critics Circle (KCFCC) Award, Bester Dokumentarfilm
1987/88 Royal Television Society Programme Award

Claude Lanzmann

1925 als Sohn assimilierter Juden in ­Paris geboren, schließt sich Lanzmann 1943 als Gymnasiast in Clermont-Ferrand der Résistance an und nimmt an Partisanenkämpfen teil. Nach dem Krieg Studium der Philosophie und Literatur. 1947 Universitätsabschluss in Tübingen mit einer Arbeit über Leibniz, 1948/49 Dozentur an der FU Berlin. Anfang der 50er Jahre Beginn seiner journalis­tischen Tätigkeit mit einer Serie von Reportagen über den Alltag in der DDR, die in ­Le Monde erscheinen. Seit 1952 und seit seiner Begegnung und engen Freundschaft mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir ständiger Mitarbeiter, später Herausgeber der von ihnen gegründeten politisch-litera­rischen Zeitschrift Les Temps ­Modernes. Er entdeckt seine tiefe Verbundenheit zu Israel, das er 1952 erstmals bereist. Zugleich vehementes antikolonialis­tisches Engagement gegen die französische Algerien-Politik. 1960 unterzeichnet er das ›Manifest der 121‹, das französische Soldaten zur Gehorsamsverweigerung im Algerienkrieg aufruft. Man erhebt Anklage gegen ihn. 1967 erscheint die von Lanzmann redigierte Sondernummer von Les Temps Modernes ­­­›Le conflit israélo-arabe‹: Ein mehr als tausend­seitiges Zeitdokument, in dem erstmals Araber und Israelis gleichberechtigt ihre Beweggründe und Standpunkte darlegen. Noch heute ein Standardwerk zum Thema. Daneben verfasst er unterschiedlichste Artikel und Reportagen über Kriminal­fälle, Arbeiteraufstände, Hollywoodschauspielerinnen, Erdbeben oder den Dalai Lama für Elle, France-Soir, France Dimanche u. a. und arbeitet als Inter­viewer für die Swinging-Sixties-Fernsehsendung Dim Dam Dom.

Ende der 60er Jahre erste Film- und Fernseharbeiten. 1968/69 Fernseh­reportage für das TV-Magazin Panorama über den ›Abnutzungskrieg‹; er erlebt schwere Bombardements am Suezkanal an der israelisch-ägyptischen Grenze. Die Filmarbeit wird Lanzmanns intensive Auseinandersetzung mit ­Israel über die Jahre stetig vertiefen. Sein Kinofilmdebüt WARUM ­ISRAEL, mit dem er sich gänzlich vom Fernsehen löst und zu einer eigenen Film­sprache findet, ist eine suchende und heitere Annäherung an die noch junge Nation. Nach dem Erfolg seines Erstlings bittet das israelische Außenministerium Lanzmann um einen Film über die Judenvernichtung, ohne zu wissen, worauf es sich einlässt: Im Sommer 1973 Beginn der Arbeit an SHOAH, den er 1985 – also fast 12 Jahre später und mit wechselnden Geldgebern – fertig stellt: biografisch ein Abenteuer mit offenem Ausgang, cineastisch und historisch ein Großereignis, das die Grenzen des Dokumentarfilms radikal verschiebt und weltweit große Anerkennung findet. Nach WARUM ISRAEL und SHOAH­ dreht Lanzmann mit TSAHAL den letzten Teil seiner jüdischen Trilogie, ­einen Film über die israelischen Streitkräfte und die »Eroberung des ­Mutes«. ­Außerdem entstehen aus den 350 Stunden Interview-Material, die er für sein Jahrhundertepos SHOAH gedreht hat, Jahre später weitere eigenständige Filmwerke: SOBIBOR, 14 OKTOBER 1943, 16 UHR; EIN LEBENDER GEHT VORBEI, DER KARSKI-BERICHT sowie zuletzt DER LETZTE DER UNGERECHTEN. 2009 erscheinen seine Memoiren (Le Lièvre de Pata­gonie) bei Gallimard – nicht nur in Frankreich ein großes Medienereignis.

Zahlreiche Ehrungen: Lanzmann erhielt u. a. die Médaille de la Résistance, ist Kommandeur des Ordre National du Mérite sowie der Légion d’Honneur (Ehrenlegion) – die ranghöchste Auszeichnung in Frankreich für militärische und zivile Verdienste. Ehrendoktorate (Philosophie) der Hebräischen Universität Jerusalem, der Universität von Amsterdam, der Adelphi University, New York, und der European Graduate School in Saas-Fee, Schweiz. Seit 1998 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Sektion Film- und Medienkunst. Bei den Internationalen Filmfestspielen 2013 wurde Claude Lanzmann mit dem Goldenen Bären für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Filmografie (Regie)

1973 WARUM ISRAEL
1985 SHOAH
1994 TSAHAL
1997 EIN LEBENDER GEHT VORBEI
2001 SOBIBOR, 14. OKTOBER 1943, 16 Uhr
2010 DER KARSKI-BERICHT
2013 DER LETZTE DER UNGERECHTEN
2017 VIER SCHWESTERN

Shoah, Schoah, Shoa, Schoa

hebräisch für:

Abgrund, Vernichtung, Dunkelheit, große Katastrophe, ­Unheil, Unter­gang – inzwischen auch Synonym für die Massenvernichtung des euro­päischen ­Judentums im Nationalsozialismus. Der Begriff wird dem in den USA – auch medial (man denke an die gleichnamige TV-Serie aus den 70ern um die Familie Weiss) – ­geprägten Begriff des ›Holocaust‹ zunehmend vorgezogen, dessen griechisch-römische Etymologie (gr. holokauston bzw. lat. holocaustum = ›Brandopfer‹) ­problematische Nähen zu religiösen Opferriten herstellt. Vom Unerhörten sich einen Begriff zu machen, kann aber wohl abschließend nicht gelingen, und so bleibt auch ›Shoah‹ als Begriff, vor allem in seinen Anklängen an Naturkatastrophen, überaus kontrovers.

Claude Lanzmann:

»Dieses Wort ›Shoah‹«

In den 12 Jahren meiner Arbeit am Film hatte ich keinen Namen für ihn. ›Holocaust‹ kam wegen der Anklänge an religiöse Opfer nicht in Frage; war außerdem bereits belegt. Ein Film braucht aber einen Titel, schon aus rein praktischen Gründen. Ich habe es mit verschiedenen versucht, alle unbefriedigend. / Ich hatte einen, der mir ausnehmend gut gefiel, der aber ein ­wenig abstrakt war: Der Ort und das Wort [Le Lieu et la Parole]. Der Arbeits­titel des Films, der übrigens nicht von mir stammt, lautete: Der Tod in den Lagern [La mort aux champs]. / In Wahrheit gab es einfach keinen Namen für etwas, das ich nicht einmal als ›Ereignis‹ bezeichnet hätte. Insgeheim sprach ich zu mir immer von der ›Sache‹, um das Unbenennbare zu benennen. Wie hätte es auch einen Namen geben können für etwas, das absolut ohne Vorbild in der Geschichte der Menschheit war? Hätte ich darauf verzichten können, meinen Film zu benennen, ich hätte es getan.

Der Begriff ›Shoah‹ hat sich mir erst ganz spät aufgedrängt, weil ich, der kein Hebräisch beherrscht, seinen Sinn nicht verstand, was wiederum eine Art war, die Benennung zu umgehen. Für jene aber, die Hebräisch sprechen, ist ­›Shoah‹ ebenso unangemessen. Der Ausdruck taucht in der Bibel mehrfach auf. Er bedeutet ›Katastrophe‹, ›Zerstörung‹, ›Vernichtung‹ – es kann sich dabei um ein Erdbeben oder eine Überschwemmung handeln. Nach dem Krieg haben Rabbiner willkürlich entschieden, dass er ›die Sache‹ bezeichnen solle. Für mich aber war ›Shoah‹ ein Signifikant ohne Signifikat, eine kurze Lautfolge, undurchsichtig, ein undurchschaubares Wort, unzerlegbar, wie ein Atomkern.

Als Georges Cravenne, der damals die Organisation der Premiere im Théâtre de l‘Empire auf sich genommen hatte, mich nach dem Filmtitel fragte, gab ich zur Antwort:

»Shoah.«
»Was bedeutet das denn?«
»Ich weiß nicht, es bedeutet ›Shoah‹.«
»Aber man muss es übersetzen, niemand wird verstehen.«
»Das ist genau mein Ziel, dass niemand versteht.«

Ich habe hart kämpfen müssen, um ›Shoah‹ als Titel durchzusetzen ohne zu wissen, dass ich damit einen radikalen Akt der Benennung vornehme, denn bereits kurze Zeit später war der Filmtitel sprachenübergreifend zum Namen geworden für das Ereignis in seiner absoluten, unheilvollen Einzigartigkeit.

 

Der Artikel, aus dem hier der Anfang zitiert ist, war Teil einer erhitzten ­Debatte, die in der ersten Jahreshälfte 2005 in der französischen Tages­zeitung Le Monde über (un)mögliche Benennungen des NS-Genozids an den Juden geführt wurde. Eröffnet hatte diese Jacques Sebag am 27. Januar (Pour en finir avec le mot Holocauste), worauf sich Henri Meschonnic am 19. Februar einschaltete: Pour en finir avec le mot ›Shoah‹. Meschonnics Beitrag enthielt heftige Angriffe gegen Lanzmanns namensgebenden »Erfolgsfilm«, wogegen sich Lanzmann schließlich mit seinem Artikel vom 25. Februar zur Wehr setzte.

Claude Lanzmann:

»Wunden, die sich nie mehr schließen werden …«

SHOAH ist ein Film über die Vernichtung der europäischen Juden während des Zweiten Weltkrieges. Mein Ehrgeiz war, ein filmisches Werk zu schaffen, das dieses Hauptereignis der jüngsten Geschichte in seiner ganzen Schwere wieder zum Leben erweckt. Es sollte als Werk dem Ereignis selbst angemessen­ sein. Statt mich auf bestimmte Kapitel oder Episoden der Vernichtung der Juden in Europa zu beschränken, nahm ich mir vor, die Vernichtung in ihrer Gesamtheit zu erfassen, in ihren gigantischen Dimensionen und mit all ihren Folgen, die noch heute in ihrer ganzen Tragweite zu spüren sind. Es ist ein monumentaler Film, sowohl was seine Länge betrifft als auch die Anzahl der Personen und die Vielfalt der Themen, die er umfasst.

Es wurde keinerlei Archivmaterial verwendet, das gesamte Filmmaterial ­(350 Stunden) wurde heute gedreht. Die vorbereitenden Untersuchungen nahmen dreieinhalb Jahre in Anspruch und wurden in 14 verschiedenen Ländern durchgeführt. Die Dreharbeiten verteilten sich auf zehn Unter­nehmungen zwischen 1976 und 1981. SHOAH ist ein non-fiction-Film, dessen Protagonisten (Juden, Nazis, direkte oder entfernte Zeugen der Vernichtung) auf verschiedene Weise unmittelbar beteiligt waren an den Ereignissen, die zum Leben wiederzuerwecken mein Ziel war. … SHOAH ist aber auch nicht – kann es gar nicht sein – ein Dokumentarfilm, in dem die Personen – mit Krawatte, älter geworden und wie losgelöst von ihrer Vergangenheit –, ihre Erinnerungen erzählen, bequem hinter ihrem Schreibtisch sitzend oder vor dem Kamin im Salon. Die Vernichtung der europäischen Juden ist heutzu­tage Gegenstand einer Kenntnis legendärer oder mythischer Art, das heißt, das genaue Gegenteil von Wissen. Man tötet aber keine Legenden, indem man ihnen Erinnerungen gegenüberstellt, sondern nur, indem man sie, soweit das möglich ist, mit dieser unbegreiflichen Gegenwart konfrontiert, aus der sie hervorgegangen sind. Und das kann nur auf eine einzige Weise erreicht werden: indem man die Vergangenheit als Gegenwart wieder zum Leben erweckt und ihr so eine überzeitliche Gültigkeit verleiht.

Der Film, den ich gemacht habe, ist eine Anti-Legende, ein Gegen-Mythos, das heißt eine Untersuchung über die Gegenwart des Holocaust oder zumindest über eine Vergangenheit, deren Narben noch so frisch und lebendig sind an den Schauplätzen und im Bewusstsein der Menschen, dass sie sich in einer halluzinatorischen Überzeitlichkeit offenbart. Dieser Grundgedanke (die Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufzuheben) hat maßgeblich die Auswahl der Drehorte und der Personen bestimmt. In Treblinka zum Beispiel spricht die Erde, der Fluß Bug, der Wald, sprechen Männer und Frauen vom Holocaust, sie lassen ihn wieder auferstehen, erwecken ihn wieder zum Leben, so dass man vollkommen vergisst, dass seit 1942 schon 43 Jahre vergangen sind. Sie erinnern sich an alles mit phantastischer, im wahrsten Sinne halluzinatorischer Genauigkeit. Wenn sie sprechen, dann schildern sie nicht etwa Erinnerungen, sondern sie vermitteln den Eindruck, als durchlebten sie immer noch eine Gegenwart. Die Dampf­lokomotive, die in der Nacht verschwindet, nachdem sie den Bug auf einer einglei­sigen Brücke zwischen Malkinia und Treblinka überquert hat, ist genau dieselbe (eine TT 2) wie die, die im Winter 1942 die Züge mit den Juden aus Bialystock oder Warschau hierher brachte.

Die Orte der Vernichtung

»Das Gerüst des Films ist die Radikalität des Todes. Ist letztendlich die Vernichtung. / Mein Film sollte sich der äußersten Herausforderung stellen: die nichtexistierenden Bilder vom Tod in der Gaskammer zu ersetzen.«

Die Zeugen der Vernichtung

»SHOAH hatte nicht zum Ziel, über Dinge zu informieren, die sich ebenso in Geschichtsbüchern nachschlagen lassen … Im Zentrum stehen die realen Orte von Heute und die Gesichter, die Körper der Zeugen. Es gibt keinen Kommentar, keine Off-Stimme. Es ist wirklich die Rehabilitierung der Zeugenschaft.«

Redaktioneller Hinweis:
Nicht alle Geburts- und Todesjahre der Zeugen konnten von uns ermittelt werden. Wir geben diese nur an, sofern uns zu Redaktionsschluss glaubwürdige Quellen vorlagen.

Marcel Ophüls über SHOAH

Wäre es das erste Anliegen eines Dokumentarfilmers, sich wie ein Gentleman zu benehmen, so sollte er lieber den Beruf wechseln. Lanzmann jedoch versucht niemals, sich beim Publikum beliebt zu machen. Er ist sich der verführerischen Kräfte des audio-visuellen Mediums bewusst. Wenn er es also vorzieht, sich nicht einzuschmeicheln, so tut er dies der besonderen Art seiner Aufgabe wegen. Damit meine ich aber nicht die sterile, ehrfürchtige Scheu, die die meisten Menschen dem Thema Holocaust entgegenbringen. Lanzmann billigt diese Scheu nicht. …
Einer der eindrucksvollsten Momente des Films ist der, wo Lanzmann offen zeigt, dass sich ein Filmemacher, der das absolut Böse im Visier hat, nicht unbedingt an die Regeln eines Cricketspiels auf den Rasenplätzen von Eton zu halten braucht: Wir sehen plötzlich, wie zwei junge Techniker an einem Schwarzweißmonitor in einem Kleinbus herumspielen, der in einer deutschen Wohnsiedlung geparkt ist. Dies ist der erste Hinweis darauf, dass der ehe­malige SS-Auf­seher aus Treblinka, Franz Suchomel, ohne sein Wissen und mit Hilfe einer versteckten Kamera gefilmt wird. Kaum bemerken wir dies, hören wir Lanzmann, wie er auf Deutsch verspricht, dass er nicht einmal seine Identität preisgeben werde! Ich kann kaum sagen, wie sehr ich diese Vorgehensweise gutheiße, wie viel Verständnis ich für sie habe. Dies ist keine Frage der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck, sondern eine der moralischen Prioritäten. Andere Kriminelle, die an der Endlösung beteiligt waren, werden auf die gleiche Weise interviewt. Zumeist werden diesen Kriminellen sehr präzise, technische Fragen über Einzel­heiten ihrer Tätigkeit gestellt. Hätte Lanzmann diese Männer über den Zustand ihrer Seele befragt, sie wären wie eine Klapperschlange zurückgewichen. Da sie aber als bloße todbringende Techniker angesprochen werden, als Experten der Vernichtung, scheinen Suchomel und die anderen beinahe dankbar ­dafür zu sein, »ihre Seite der ­Geschichte« jemandem erzählen zu können, der – ihre einstige Unterweisung in der Rassenlehre der Nazis muss es ihnen längst verraten haben – ein Jude ist. Allmählich, von einer Sequenz zur anderen, werden sie mitteilsamer, bis wir tatsächlich sehen und hören, wie Suchomel sich dazu bereit erklärt, das ›Treblinka-Lied‹ zu singen – ganz wie in ­einer monströsen, in der Wirklichkeit spielenden Version eines Bertolt-Brecht-Stückes. ­
Marcel Ophüls

Zitierte Quellen und
ausgewählte Literatur

Alle Zitate im Booklet stammen von Claude Lanzmann. Längere zitierte Textbeiträge sind im Folgenden gefettet. ›/‹ im Zitat bedeutet: Montage von Zitaten aus unterschiedlichen Quellen. Sofern keine deutsche Quelle angegeben, Übersetzung der Redaktion.

[1] [Dieses Wort ›Shoah‹] Aus: Ce mot de Shoah. In: Le Monde, 25.02.2005 [2] »Wunden, die sich niemals schließen werden« Aus: WDR-Pressestelle (Hg.): Presseheft, März 1986 [3] Erleben nicht erinnern – Claude Lanzmann und SHOAH. Eine Sendung von Angelika Wittlich. WDR, 1986 [4] Internationales Forum des Jungen Films / Freunde der deutschen Kinemathek (Hg.): Informationsblatt zu SHOAH. Berlin 1986. Darin v. a.: Der Ort und das Wort. Gespräch mit Claude Lanzmann. Interview: Marc Chevrie und Hervé Le Roux. Sowie: Die Lüge sichtbar machen. Interview: Heike Hurst. Beide Frz. in: Cahiers du Cinéma N° 374, Paris Juli/August 1985 [5] Seminar With Claude Lanzmann 11 April 1990. In: Claude Lanzmann, Ruth Larson, David Rodowick: Yale French Studies, No. 79, Literature and the Ethical Question. Yale 1991, S. 82–99 [6] Kulturamt der Stadt Marburg, Silke Schneider (Hg.): Formen von Erinnerung. Eine Diskussion mit Claude Lanzmann. Tagung. Marburg 1998 [7] Claude Lanzmann trifft Schüler in Bergerac, Januar 2000: http://www.reseau-canope.fr/mag-film/films/shoah/le-film.html [8] Claude Lanzmann: Parler pour les morts, entretien avec Guy Herzlich. In: Le Monde des débats, N° 14 Mai 2000 [9] Marcel Ophüls: Closely Watched Trains. In: American Film, November 1985 //

Weitere Literatur: [I] Claude Lanzmann: Shoah. Düsseldorf 1986 [Vollständiger Filmtext mit einem Interview. Vorwort Simone de Beauvoir: Das Gedächtnis des Grauens] [II] Shoshana Felman: Im Zeitalter der Zeugenschaft: Claude Lanzmanns Shoah. In: Ulrich Baer (Hg.): Niemand zeugt für den Zeugen. Erinnerungskultur nach der Shoah. Ffm 2000 [III] Gertrud Koch: Die Einstellung ist die Einstellung. Visuelle Konstruktionen des Judentums. Ffm 1992 [IV] Klaus Theweleit: Memory Pictures. In: Das Land, das Ausland heißt. München 1995 //

Auf Engl./Frz., empfohlen von Claude Lanzmann: [V] Claude Lanzmann: De l’Holocauste à Holocauste ou comment s’en débarasser. In: Les Temps Modernes, n° 395, Juni 1979 [VI] Michel Deguy (Hg.): Au sujet de Shoah. Paris 1990 [VII] Jean-François Forges: Éduquer contre Auschwitz. Paris 1997 [VIII] Gérard Wajcmann: L’objet du siècle. Paris 1998 [IX] Stuart Liebman (Hg.): Claude Lanzmann’s Shoah – key essays. New York 2007

Ein Großteil des nicht verwendeten Filmmaterials wurde dem Archiv des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. (einige Videos und Transkripte online unter: http://­resources.ushmm.org/film) und Yad Vashem, Israel (www.yadvashem.org) überschrieben.

Zu Lanzmanns Leben und Wirken allgemein: Claude Lanzmann: Le lièvre de Patagonie. Mémoires. Paris 2009 [Dt.: Der patagonische Hase. Erinnerungen. Hamburg 2010 = Enthält sehr persönliche Hintergrundberichte zu den Dreharbeiten von SHOAH] & Claude Lanzmann: La Tombe du Divin Plongeur. Paris 2012 [Dt.: Das Grab des göttlichen Tauchers. Hamburg 2015 = Artikelsammlung aus seinem reichen Wirken als Journalist mit einem eigenen Kapitel »Rund um Shoah« (S. 445–509), worin alternative und vollständige Übersetzung von [1] und [V]]

Impressum

Redaktion Valeska Bertoncini
Design Christin Albert
absolut Medien, Am Hasenbergl 12, 83413 Fridolfing
info@absolutmedien.de
www.absolutmedien.de

»Ein Film wie SHOAH altert nicht.
Er bekommt keine Falten, weil er seine eigene Aktualität schafft.
Am Anfang von SHOAH stehen die Worte: ›Die Handlung beginnt in unseren Tagen.‹
Das war 1985 wahr, und es ist heute noch immer wahr.
Ich hoffe, dass dies auch in 50 Jahren noch so sein wird.
Ich glaube, dass SHOAH ein unsterblicher Film ist.«

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Shoah

Frankreich, 1973–1985

Regie, Buch: Claude Lanzmann Recherche-Assistenz: Corinna Coulmas, Irène Steinfeldt-Lévi, Shalmi Bar Mor Regieassistenz: Corinna Coulmas, Irène Steinfeldt-Lévi ­Dolmetscher: Barbara Janicka (Polnisch), Francine Kaufmann (Hebräisch), Frau Apfelbaum (Jiddisch) Kamera: Dominique Chapuis, Jimmy Glasberg, William Lubtchansky Kamera­assistenz: Caroline Champetier de Ribes, Jean-Yves Escoffier, Slavek Olczyk, Andrès Silvart Ton: Bernard Aubouy, Michel Vionnet (in Israel) Schnitt: Ziva Postec, Anna Ruiz (für eine Treblinka-Sequenz) Schnittassistenz: Geneviève de Gouvin Saint-Cyr, ­Bénédicte Mallet, Yaël Perlov, Christine Simonot Tonschnitt: Danielle Fillios, Anne ­Marie L’Hôte, Sabine Mamou Tonschnitt (Assistenz): Catherine Sabba, Catherine Trouillet Mischung: Bernard Aubouy Produktionsleitung: Stella Gregorz-Quef, Séverine Olivier-Lacamp Produktionsbüro: Raymonde Badé-Mauffroy Produktion: Les Films Aleph, Historia Films Untertitel OF: Irith Leker, Odette Audebeau-Cadier, Claude Lanzmann Uraufführung: 21. April 1985 (Paris, Théâtre de l‘Empire)

Deutsche Erstaufführungen: 17.–18. Februar 1986 (36. Internationale Filmfestspiele, Berlin – 16. Internationales Forum des Jungen Films, Delphi Filmpalast) TV: März/April 1986 als Vierteiler in den Dritten Programmen der ARD-Anstalten unter Federführung des WDR. Wiederholung in WEST 3 vom 12. Bis 14. Dezember 1991.

Auszeichnungen weltweit (Auswahl):
1985 The New York Film Critics Circle (NYFCC) Awards, Bester Dokumentarfilm · Los Angeles Film Critics Association ­(LAFCA) Awards, Besondere Erwähnung · Prix des Arts, des Lettres et des Sciences de la Fondation du Judaïsme français · Prix de la Ligue Internationale Contre le Racisme et l’Antisémitisme
1986 National Society of Film Critics (NFSC) Awards, Bester ­Dokumentarfilm · The Boston Society of Film Critics (BSFC), Bester Dokumentarfilm ·­ Filmpreis Rotterdam · British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) Awards, Flaherty Dokumentarfilmpreis · Caligari Filmpreis der Berlinale · FIPRESCI-Preis der Berlinale (Forum) · Preis der Internationalen Katholischen Organisation · The Torch of Liberty Award · Christopher Award · Preis des Simon Wiesenthal Centers · Preis der International Documentary Association (IDA) · Ehren-César · 1987 The Peabody Award · Grimme-Preis in Gold · Broadcasting Press Guild Television Awards · Kansas City Film Critics Circle (KCFCC) Award, Bester Dokumentarfilm
1987/88 Royal Television Society Programme Award

Filmografie (Regie)

1973
WARUM ISRAEL (Pourquoi Israël)

1985
SHOAH

1994
TSAHAL

1997
EIN LEBENDER GEHT VORBEI (Un Vivant qui passe)

2001
SOBIBOR, 14. OKTOBER 1943, 16 Uhr (Sobibor, 14 octobre 1943, 16 heures)

2010
DER KARSKI-BERICHT (Le Rapport Karski)

2013
DER LETZTE DER UNGERECHTEN (Le Dernier des injustes)

2017
VIER SCHWESTERN (Les Quatre Sœurs)

Claude Lanzmann

1925 als Sohn assimilierter Juden in ­Paris geboren, schließt sich Lanzmann 1943 als Gymnasiast in Clermont-Ferrand der Résistance an und nimmt an Partisanenkämpfen teil. Nach dem Krieg Studium der Philosophie und Literatur. 1947 Universitätsabschluss in Tübingen mit einer Arbeit über Leibniz, 1948/49 Dozentur an der FU Berlin. Anfang der 50er Jahre Beginn seiner journalis­tischen Tätigkeit mit einer Serie von Reportagen über den Alltag in der DDR, die in ­Le Monde erscheinen. Seit 1952 und seit seiner Begegnung und engen Freundschaft mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir ständiger Mitarbeiter, später Herausgeber der von ihnen gegründeten politisch-litera­rischen Zeitschrift Les Temps ­Modernes. Er entdeckt seine tiefe Verbundenheit zu Israel, das er 1952 erstmals bereist. Zugleich vehementes antikolonialis­tisches Engagement gegen die französische Algerien-Politik. 1960 unterzeichnet er das ›Manifest der 121‹, das französische Soldaten zur Gehorsamsverweigerung im Algerienkrieg aufruft. Man erhebt Anklage gegen ihn. 1967 erscheint die von Lanzmann redigierte Sondernummer von Les Temps Modernes ­­­›Le conflit israélo-arabe‹: Ein mehr als tausend­seitiges Zeitdokument, in dem erstmals Araber und Israelis gleichberechtigt ihre Beweggründe und Standpunkte darlegen. Noch heute ein Standardwerk zum Thema. Daneben verfasst er unterschiedlichste Artikel und Reportagen über Kriminal­fälle, Arbeiteraufstände, Hollywoodschauspielerinnen, Erdbeben oder den Dalai Lama für Elle, France-Soir, France Dimanche u. a. und arbeitet als Inter­viewer für die Swinging-Sixties-Fernsehsendung Dim Dam Dom.
Ende der 60er Jahre erste Film- und Fernseharbeiten. 1968/69 Fernseh­reportage für das TV-Magazin Panorama über den ›Abnutzungskrieg‹; er erlebt schwere Bombardements am Suezkanal an der israelisch-ägyptischen Grenze. Die Filmarbeit wird Lanzmanns intensive Auseinandersetzung mit ­Israel über die Jahre stetig vertiefen. Sein Kinofilmdebüt WARUM ISRAEL, mit dem er sich gänzlich vom Fernsehen löst und zu einer eigenen Film­sprache findet, ist eine suchende und heitere Annäherung an die noch junge Nation. Nach dem Erfolg seines Erstlings bittet das israelische Außenministerium Lanzmann um einen Film über die Judenvernichtung, ohne zu wissen, worauf es sich einlässt: Im Sommer 1973 Beginn der Arbeit an SHOAH, den er 1985 – also fast 12 Jahre später und mit wechselnden Geldgebern – fertig stellt: biografisch ein Abenteuer mit offenem Ausgang, cineastisch und historisch ein Großereignis, das die Grenzen des Dokumentarfilms radikal verschiebt und weltweit große Anerkennung findet. Nach WARUM ISRAEL und SHOAH­ dreht Lanzmann mit TSAHAL den letzten Teil seiner jüdischen Trilogie, ­einen Film über die israelischen Streitkräfte und die »Eroberung des ­Mutes«. ­Außerdem entstehen aus den 350 Stunden Interview-Material, die er für sein Jahrhundertepos SHOAH gedreht hat, Jahre später weitere eigenständige Filmwerke: SOBIBOR, 14 OKTOBER 1943, 16 UHR; EIN LEBENDER GEHT VORBEI, DER KARSKI-BERICHT sowie zuletzt DER LETZTE DER UNGERECHTEN. 2009 erscheinen seine Memoiren (Le Lièvre de Pata­gonie) bei Gallimard – nicht nur in Frankreich ein großes Medienereignis.
Zahlreiche Ehrungen: Lanzmann erhielt u. a. die Médaille de la Résistance, ist Kommandeur des Ordre National du Mérite sowie der Légion d’Honneur (Ehrenlegion) – die ranghöchste Auszeichnung in Frankreich für militärische und zivile Verdienste. Ehrendoktorate (Philosophie) der Hebräischen Universität Jerusalem, der Universität von Amsterdam, der Adelphi University, New York, und der European Graduate School in Saas-Fee, Schweiz. Seit 1998 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Sektion Film- und Medienkunst. Bei den Internationalen Filmfestspielen 2013 wurde Claude Lanzmann mit dem Goldenen Bären für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Shoah,
Schoah,
Shoa,
Schoa

hebräisch für:

Abgrund, Vernichtung, Dunkelheit, große Katastrophe, ­Unheil, Unter­gang – inzwischen auch Synonym für die Massenvernichtung des euro­päischen ­Judentums im Nationalsozialismus. Der Begriff wird dem in den USA – auch medial (man denke an die gleichnamige TV-Serie aus den 70ern um die Familie Weiss) – ­geprägten Begriff des ›Holocaust‹ zunehmend vorgezogen, dessen griechisch-römische Etymologie (gr. holokauston bzw. lat. holocaustum = ›Brandopfer‹) ­problematische Nähen zu religiösen Opferriten herstellt. Vom Unerhörten sich einen Begriff zu machen, kann aber wohl abschließend nicht gelingen, und so bleibt auch ›Shoah‹ als Begriff, vor allem in seinen Anklängen an Naturkatastrophen, überaus kontrovers.

»Entscheidend war, dem Film einen Namen zu geben, den die Menschen erst lernen mussten, um ihn zu begreifen.«

(Claude Lanzmann)

Claude Lanzmann: »Dieses Wort ›Shoah‹«

In den 12 Jahren meiner Arbeit am Film hatte ich keinen Namen für ihn. ›Holocaust‹ kam wegen der Anklänge an religiöse Opfer nicht in Frage; war außerdem bereits belegt. Ein Film braucht aber einen Titel, schon aus rein praktischen Gründen. Ich habe es mit verschiedenen versucht, alle unbefriedigend. / Ich hatte einen, der mir ausnehmend gut gefiel, der aber ein ­wenig abstrakt war: Der Ort und das Wort [Le Lieu et la Parole]. Der Arbeits­titel des Films, der übrigens nicht von mir stammt, lautete: Der Tod in den Lagern [La mort aux champs]. / In Wahrheit gab es einfach keinen Namen für etwas, das ich nicht einmal als ›Ereignis‹ bezeichnet hätte. Insgeheim sprach ich zu mir immer von der ›Sache‹, um das Unbenennbare zu benennen. Wie hätte es auch einen Namen geben können für etwas, das absolut ohne Vorbild in der Geschichte der Menschheit war? Hätte ich darauf verzichten können, meinen Film zu benennen, ich hätte es getan.

Der Begriff ›Shoah‹ hat sich mir erst ganz spät aufgedrängt, weil ich, der kein Hebräisch beherrscht, seinen Sinn nicht verstand, was wiederum eine Art war, die Benennung zu umgehen. Für jene aber, die Hebräisch sprechen, ist ­›Shoah‹ ebenso unangemessen. Der Ausdruck taucht in der Bibel mehrfach auf. Er bedeutet ›Katastrophe‹, ›Zerstörung‹, ›Vernichtung‹ – es kann sich dabei um ein Erdbeben oder eine Überschwemmung handeln. Nach dem Krieg haben Rabbiner willkürlich entschieden, dass er ›die Sache‹ bezeichnen solle. Für mich aber war ›Shoah‹ ein Signifikant ohne Signifikat, eine kurze Lautfolge, undurchsichtig, ein undurchschaubares Wort, unzerlegbar, wie ein Atomkern.

Als Georges Cravenne, der damals die Organisation der Premiere im Théâtre de l‘Empire auf sich genommen hatte, mich nach dem Filmtitel fragte, gab ich zur Antwort:

»Shoah.«
»Was bedeutet das denn?«
»Ich weiß nicht, es bedeutet ›Shoah‹.«
»Aber man muss es übersetzen, niemand wird verstehen.«
»Das ist genau mein Ziel, dass niemand versteht.«

Ich habe hart kämpfen müssen, um ›Shoah‹ als Titel durchzusetzen ohne zu wissen, dass ich damit einen radikalen Akt der Benennung vornehme, denn bereits kurze Zeit später war der Filmtitel sprachenübergreifend zum Namen geworden für das Ereignis in seiner absoluten, unheilvollen Einzigartigkeit.

 

 

Der Artikel, aus dem hier der Anfang zitiert ist, war Teil einer erhitzten ­Debatte, die in der ersten Jahreshälfte 2005 in der französischen Tages­zeitung Le Monde über (un)mögliche Benennungen des NS-Genozids an den Juden geführt wurde. Eröffnet hatte diese Jacques Sebag am 27. Januar (Pour en finir avec le mot Holocauste), worauf sich Henri Meschonnic am 19. Februar einschaltete: Pour en finir avec le mot ›Shoah‹. Meschonnics Beitrag enthielt heftige Angriffe gegen Lanzmanns namensgebenden »Erfolgsfilm«, wogegen sich Lanzmann schließlich mit seinem Artikel vom 25. Februar zur Wehr setzte.

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SHOAH und die Folgefilme

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Es ist der gleiche markerschütternde Pfiff, der gleiche Bahnhof, die gleichen Gebäude, Gleise, Bahnsteige, die gleichen Eisenbahner, die gleichen Zeugen. Nichts hat sich geändert: Völlig unnötig, etwas rekonstruieren zu wollen oder in Form einer Fiktion darzustellen. Die Vernichtung zeigt sich unmittelbar, ­einerseits durch das Fortbestehen der Schauplätze, andererseits durch die Wunden der Menschen, Wunden, die sie nie mehr schließen werden …

Claude Lanzmann: »Wunden, die sich nie mehr schließen werden …«

SHOAH ist ein Film über die Vernichtung der europäischen Juden während des Zweiten Weltkrieges. Mein Ehrgeiz war, ein filmisches Werk zu schaffen, das dieses Hauptereignis der jüngsten Geschichte in seiner ganzen Schwere wieder zum Leben erweckt. Es sollte als Werk dem Ereignis selbst angemessen­ sein. Statt mich auf bestimmte Kapitel oder Episoden der Vernichtung der Juden in Europa zu beschränken, nahm ich mir vor, die Vernichtung in ihrer Gesamtheit zu erfassen, in ihren gigantischen Dimensionen und mit all ihren Folgen, die noch heute in ihrer ganzen Tragweite zu spüren sind. Es ist ein monumentaler Film, sowohl was seine Länge betrifft als auch die Anzahl der Personen und die Vielfalt der Themen, die er umfasst.

Es wurde keinerlei Archivmaterial verwendet, das gesamte Filmmaterial ­(350 Stunden) wurde heute gedreht. Die vorbereitenden Untersuchungen nahmen dreieinhalb Jahre in Anspruch und wurden in 14 verschiedenen Ländern durchgeführt. Die Dreharbeiten verteilten sich auf zehn Unter­nehmungen zwischen 1976 und 1981. SHOAH ist ein non-fiction-Film, dessen Protagonisten (Juden, Nazis, direkte oder entfernte Zeugen der Vernichtung) auf verschiedene Weise unmittelbar beteiligt waren an den Ereignissen, die zum Leben wiederzuerwecken mein Ziel war. … SHOAH ist aber auch nicht – kann es gar nicht sein – ein Dokumentarfilm, in dem die Personen – mit Krawatte, älter geworden und wie losgelöst von ihrer Vergangenheit –, ihre Erinnerungen erzählen, bequem hinter ihrem Schreibtisch sitzend oder vor dem Kamin im Salon. Die Vernichtung der europäischen Juden ist heutzu­tage Gegenstand einer Kenntnis legendärer oder mythischer Art, das heißt, das genaue Gegenteil von Wissen. Man tötet aber keine Legenden, indem man ihnen Erinnerungen gegenüberstellt, sondern nur, indem man sie, soweit das möglich ist, mit dieser unbegreiflichen Gegenwart konfrontiert, aus der sie hervorgegangen sind. Und das kann nur auf eine einzige Weise erreicht werden: indem man die Vergangenheit als Gegenwart wieder zum Leben erweckt und ihr so eine überzeitliche Gültigkeit verleiht.

Der Film, den ich gemacht habe, ist eine Anti-Legende, ein Gegen-Mythos, das heißt eine Untersuchung über die Gegenwart des Holocaust oder zumindest über eine Vergangenheit, deren Narben noch so frisch und lebendig sind an den Schauplätzen und im Bewusstsein der Menschen, dass sie sich in einer halluzinatorischen Überzeitlichkeit offenbart. Dieser Grundgedanke (die Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufzuheben) hat maßgeblich die Auswahl der Drehorte und der Personen bestimmt. In Treblinka zum Beispiel spricht die Erde, der Fluß Bug, der Wald, sprechen Männer und Frauen vom Holocaust, sie lassen ihn wieder auferstehen, erwecken ihn wieder zum Leben, so dass man vollkommen vergisst, dass seit 1942 schon 43 Jahre vergangen sind. Sie erinnern sich an alles mit phantastischer, im wahrsten Sinne halluzinatorischer Genauigkeit. Wenn sie sprechen, dann schildern sie nicht etwa Erinnerungen, sondern sie vermitteln den Eindruck, als durchlebten sie immer noch eine Gegenwart. Die Dampf­lokomotive, die in der Nacht verschwindet, nachdem sie den Bug auf einer einglei­sigen Brücke zwischen Malkinia und Treblinka überquert hat, ist genau dieselbe (eine TT 2) wie die, die im Winter 1942 die Züge mit den Juden aus Bialystock oder Warschau hierher brachte.

Orte der Vernichtung

 

»Das Gerüst des Films ist die Radikalität des Todes. Ist letztendlich die Vernichtung. / Mein Film sollte sich der äußersten Herausforderung stellen: die nichtexistierenden Bilder vom Tod in der Gaskammer zu ersetzen.«

»SHOAH basiert ganz und gar auf der Abwesenheit von Spuren. Die Nazis haben nicht nur die Juden vernichten wollen, sondern die Vernichtung selbst, ­i. e. die Spuren des Verbrechens beseitigen, und zwar bereits bei seiner Ausführung. Es ist der verrückteste Versuch einer Vernichtung von Geschichte. … Ich habe einen Film gemacht, der buchstäblich von Nichts ausgeht, von Orten, die sich ganz und gar verändert haben und zugleich andauern … /

Darum ist das Problem der Orte so wesentlich. Ich habe keinen idealistischen Film gemacht, keinen Film mit großartigen metaphysischen und theoretischen Reflexionen über das Warum. Das ist ein bodenständiger Film, ein topographischer, ein geographischer Film. /

Was ich wollte, war, dass das Wort den Orten Leben gibt oder dass diese Orte, die so vollkommen verändert sind, wo überhaupt nichts mehr ist wie früher, wieder zu leben beginnen durch das Wort.«

Die
Zeugen
der
Vernichtung

Zeugen

»SHOAH hatte nicht zum Ziel, über Dinge zu informieren, die sich ebenso in Geschichtsbüchern nachschlagen lassen … Im Zentrum stehen die realen Orte von Heute und die Gesichter, die Körper der Zeugen. Es gibt keinen Kommentar, keine Off-Stimme. Es ist wirklich die Rehabilitierung der Zeugenschaft.«

Redaktioneller Hinweis:
Nicht alle Geburts- und Todesjahre der Zeugen konnten von uns ermittelt werden. Wir geben diese nur an, sofern uns zu Redaktionsschluss glaubwürdige Quellen vorlagen.

Marcel Ophüls über SHOAH

Wäre es das erste Anliegen eines Dokumentarfilmers, sich wie ein Gentleman zu benehmen, so sollte er lieber den Beruf wechseln. Lanzmann jedoch versucht niemals, sich beim Publikum beliebt zu machen. Er ist sich der verführerischen Kräfte des audio-visuellen Mediums bewusst. Wenn er es also vorzieht, sich nicht einzuschmeicheln, so tut er dies der besonderen Art seiner Aufgabe wegen. Damit meine ich aber nicht die sterile, ehrfürchtige Scheu, die die meisten Menschen dem Thema Holocaust entgegenbringen. Lanzmann billigt diese Scheu nicht. …
Einer der eindrucksvollsten Momente des Films ist der, wo Lanzmann offen zeigt, dass sich ein Filmemacher, der das absolut Böse im Visier hat, nicht unbedingt an die Regeln eines Cricketspiels auf den Rasenplätzen von Eton zu halten braucht: Wir sehen plötzlich, wie zwei junge Techniker an einem Schwarzweißmonitor in einem Kleinbus herumspielen, der in einer deutschen Wohnsiedlung geparkt ist. Dies ist der erste Hinweis darauf, dass der ehe­malige SS-Auf­seher aus Treblinka, Franz Suchomel, ohne sein Wissen und mit Hilfe einer versteckten Kamera gefilmt wird. Kaum bemerken wir dies, hören wir Lanzmann, wie er auf Deutsch verspricht, dass er nicht einmal seine Identität preisgeben werde! Ich kann kaum sagen, wie sehr ich diese Vorgehensweise gutheiße, wie viel Verständnis ich für sie habe. Dies ist keine Frage der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck, sondern eine der moralischen Prioritäten. Andere Kriminelle, die an der Endlösung beteiligt waren, werden auf die gleiche Weise interviewt. Zumeist werden diesen Kriminellen sehr präzise, technische Fragen über Einzel­heiten ihrer Tätigkeit gestellt. Hätte Lanzmann diese Männer über den Zustand ihrer Seele befragt, sie wären wie eine Klapperschlange zurückgewichen. Da sie aber als bloße todbringende Techniker angesprochen werden, als Experten der Vernichtung, scheinen Suchomel und die anderen beinahe dankbar ­dafür zu sein, »ihre Seite der ­Geschichte« jemandem erzählen zu können, der – ihre einstige Unterweisung in der Rassenlehre der Nazis muss es ihnen längst verraten haben – ein Jude ist. Allmählich, von einer Sequenz zur anderen, werden sie mitteilsamer, bis wir tatsächlich sehen und hören, wie Suchomel sich dazu bereit erklärt, das ›Treblinka-Lied‹ zu singen – ganz wie in ­einer monströsen, in der Wirklichkeit spielenden Version eines Bertolt-Brecht-Stückes. ­
Marcel Ophüls

Zitierte Quellen und ausgewählte Literatur

Alle Zitate im Booklet stammen von Claude Lanzmann. Längere zitierte Textbeiträge sind im Folgenden gefettet. ›/‹ im Zitat bedeutet: Montage von Zitaten aus unterschiedlichen Quellen. Sofern keine deutsche Quelle angegeben, Übersetzung der Redaktion.

[1] [Dieses Wort ›Shoah‹] Aus: Ce mot de Shoah. In: Le Monde, 25.02.2005 [2] »Wunden, die sich niemals schließen werden« Aus: WDR-Pressestelle (Hg.): Presseheft, März 1986 [3] Erleben nicht erinnern – Claude Lanzmann und SHOAH. Eine Sendung von Angelika Wittlich. WDR, 1986 [4] Internationales Forum des Jungen Films / Freunde der deutschen Kinemathek (Hg.): Informationsblatt zu SHOAH. Berlin 1986. Darin v. a.: Der Ort und das Wort. Gespräch mit Claude Lanzmann. Interview: Marc Chevrie und Hervé Le Roux. Sowie: Die Lüge sichtbar machen. Interview: Heike Hurst. Beide Frz. in: Cahiers du Cinéma N° 374, Paris Juli/August 1985 [5] Seminar With Claude Lanzmann 11 April 1990. In: Claude Lanzmann, Ruth Larson, David Rodowick: Yale French Studies, No. 79, Literature and the Ethical Question. Yale 1991, S. 82–99 [6] Kulturamt der Stadt Marburg, Silke Schneider (Hg.): Formen von Erinnerung. Eine Diskussion mit Claude Lanzmann. Tagung. Marburg 1998 [7] Claude Lanzmann trifft Schüler in Bergerac, Januar 2000: http://www.reseau-canope.fr/mag-film/films/shoah/le-film.html [8] Claude Lanzmann: Parler pour les morts, entretien avec Guy Herzlich. In: Le Monde des débats, N° 14 Mai 2000 [9] Marcel Ophüls: Closely Watched Trains. In: American Film, November 1985 //

Weitere Literatur: [I] Claude Lanzmann: Shoah. Düsseldorf 1986 [Vollständiger Filmtext mit einem Interview. Vorwort Simone de Beauvoir: Das Gedächtnis des Grauens] [II] Shoshana Felman: Im Zeitalter der Zeugenschaft: Claude Lanzmanns Shoah. In: Ulrich Baer (Hg.): Niemand zeugt für den Zeugen. Erinnerungskultur nach der Shoah. Ffm 2000 [III] Gertrud Koch: Die Einstellung ist die Einstellung. Visuelle Konstruktionen des Judentums. Ffm 1992 [IV] Klaus Theweleit: Memory Pictures. In: Das Land, das Ausland heißt. München 1995 //

Auf Engl./Frz., empfohlen von Claude Lanzmann: [V] Claude Lanzmann: De l’Holocauste à Holocauste ou comment s’en débarasser. In: Les Temps Modernes, n° 395, Juni 1979 [VI] Michel Deguy (Hg.): Au sujet de Shoah. Paris 1990 [VII] Jean-François Forges: Éduquer contre Auschwitz. Paris 1997 [VIII] Gérard Wajcmann: L’objet du siècle. Paris 1998 [IX] Stuart Liebman (Hg.): Claude Lanzmann’s Shoah – key essays. New York 2007

Ein Großteil des nicht verwendeten Filmmaterials wurde dem Archiv des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. (einige Videos und Transkripte online unter: http://­resources.ushmm.org/film) und Yad Vashem, Israel (www.yadvashem.org) überschrieben.

Zu Lanzmanns Leben und Wirken allgemein: Claude Lanzmann: Le lièvre de Patagonie. Mémoires. Paris 2009 [Dt.: Der patagonische Hase. Erinnerungen. Hamburg 2010 = Enthält sehr persönliche Hintergrundberichte zu den Dreharbeiten von SHOAH] & Claude Lanzmann: La Tombe du Divin Plongeur. Paris 2012 [Dt.: Das Grab des göttlichen Tauchers. Hamburg 2015 = Artikelsammlung aus seinem reichen Wirken als Journalist mit einem eigenen Kapitel »Rund um Shoah« (S. 445–509), worin alternative und vollständige Übersetzung von [1] und [V]]

Die Filme von Claude Lanzmann

1973: WARUM ISRAEL | POUR QUOI ISRAËL (Sonderausgabe)

»Ich war 38 Jahre alt, als ich WARUM ISRAEL drehte, er war mein erster Film. WARUM ISRAEL hat mich zum Regisseur gemacht.« Claude Lanzmann

2 DVDs, Farbe, 195 Min. + Extras, Bestnr. 8036

1985: SHOAH

Claude Lanzmann legte mit SHOAH eine der radikalsten und umfassendsten Filmarbeiten über die Vernichtung des europäischen Judentums im Nationalsozialismus vor. 12 Jahre Dreharbeiten, 350 Stunden Material, 9 ½ Stunden Film gegen das Vergessen.

»Der zweite Film, den ich drehte, war SHOAH – und der kostete mich zwölf Jahre meines Lebens. Es sind 350 Stunden Material, in sieben Sprachen, es war sehr schwierig, den Film zu schneiden. Wir haben fünf Jahre mit dem Schnitt verbracht …« Claude Lanzmann

»Eine Totenklage aus mehreren, ineinanderfließenden Stimmen … Ein wahres Meisterwerk.« Simone de Beauvoir

Auszeichnungen weltweit (Auswahl)

1985 The New York Film Critics Circle (NYFCC) Awards, Bester Dokumentarfilm • Los Angeles Film Critics Association (LAFCA) Awards, Besondere Erwähnung • Prix des Arts, des Lettres et des Sciences de la Fondation du Judaïsme français • Prix de la Ligue Internationale Contre le Racisme et l’Antisémitisme • 1986 National Society of Film Critics (NFSC) Awards, Bester Dokumentarfilm • The Boston Society of Film Critics (BSFC), Bester Dokumentar-film • Filmpreis Rotterdam • British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) Awards, Flaherty Dokumentarfilmpreis • Caligari Filmpreis der Berlinale • FIPRESCI-Preis der Berlinale (Forum) • Preis der Internationalen Katholischen Organisation • The Torch of Liberty Award • Christopher Award • Preis des Simon Wiesenthal Centers • Preis der International Documentary Association (IDA) • Ehren-César • 1987 The Peabody Award • Grimme-Preis in Gold • Broadcasting Press Guild Television Award • Kansas City Film Critics Circle (KCFCC) Award, Bester Dokumentarfilm • 1987/88 Royal Television Society Programme Award

Studienausgabe, 4 DVDs, Farbe, 566 Min., mit einem umfangreichen Booklet als PDF, Bestnr. 985
2 Blu-ray, Farbe, 566 Min., Bestnr. 8503

1994: TSAHAL

Der letzte und kontroverseste Teil von Lanzmanns jüdischer Trilogie: ein Film über Israel und die israelische Armee (Tsava Haganah LeIsrael = Armee zur Verteidigung Israels).

»Jitzchak Rabin, damals Verteidigungsminister, fragte mich 1987, nachdem er SHOAH gesehen hatte, ob ich mir vorstellen könne, einen Film über den Unabhängigkeitskrieg zu drehen. Ich dachte nach; einige Tage später antwortete ich: ›Nein‹. … Im Gegenzug schlug ich Rabin einen Film über die Wiederaneignung der Kraft und Gewalt durch die Juden in Israel vor. Er willigte ein.« Claude Lanzmann

2 DVDs im Digipack, Farbe, 316 Min. + Bonus, mit Booklet, Bestnr. 963

1997 / 2001: SOBIBOR, 14. OKTOBER 1943, 16 UHR / EIN LEBENDER GEHT VORBEI

Wie verlief der einzige jemals gelungene Aufstand in einem Vernichtungslager der Nationalsozialisten? Und: Was hatte ein Delegierter vom Internationalen Roten Kreuz von seinem Besuch in Theresienstadt zu berichten? Basierend auf unveröffentlichten Interviews, die Lanzmann 1979 während der Dreharbeiten zu SHOAH aufgezeichnet hatte, entstanden Jahre später diese zwei eigenständigen Dokumentarfilm-Meilensteine.

DVD, Farbe, 95 + 65 Min., Bestnr. 524

2010: DER KARSKI-BERICHT

Das legendäre Interview mit dem Kurier des polnischen Widerstands, der Roosevelt persönlich von der Vernichtung der Juden Bericht erstattete.

DVD im Digipack, Farbe, 49 Min., Booklet, Bestnr. 387

2013: DER LETZTE DER UNGERECHTEN

Für SHOAH filmte Claude Lanzmann 1975 in Rom mit Benjamin Murmelstein, dem einzigen überlebenden „Judenältesten“. Das Konzept von SHOAH hätte das vielstündige Interview gesprengt. Mit 87 Jahren inszeniert Lanzmann diese Gespräche über die ambivalente Rolle des hochrangigen Funktionärs mit neuen Aufnahmen aus Wien, Polen, Israel und dem „Vorzeigeghetto“ Theresienstadt. „Ein einzigartiges Erste-Hand-Dokument über Zwänge und Spielräume im Holocaust und unlösbare moralische Konflikte, die aber gelöst werden mussten.“ DIE WELT

DVD, Farbe, 210 Min., Bestnr. 4018

2017: VIER SCHWESTERN

Aus nicht für sein epochales Werks SHOAH verwendetem Filmmaterial schuf Claude Lanzmann den vorliegenden Dokumentarfilm: Vier Frauen, die den Holocaust überlebten, erzählen darin ihre bedrückende Leidensgeschichte in den Konzentrationslagern der Nazis: Ruth Elias, Paula Biren, Ada Lichtman und Hanna Marton. Vier eindrückliche und schockierende Zeugnisse über die Barbarei des Nationalsozialismus.

DVD 1: Der Hippokratische Eid, Zum lustigen Floh
DVD 2: Baluty, Arche Noah
2 DVD, 264 Minuten, Farbe, Bestnr. 2007
Oder auf Vimeo

SHOAH UND DIE FOLGEFILME

Das Meisterwerk und seine vier Fortschreibungen

Claude Lanzmann legte mit SHOAH eine der radikalsten und umfassendsten Filmarbeiten über die Vernichtung des europäischen Judentums im Nationalsozialismus vor. 12 Jahre Dreharbeiten, 350 Stunden Material, 9 ½ Stunden Film gegen das Vergessen.

Nach SHOAH entstanden – basierend auf unveröffentlichten Interviews, die das Konzept von SHOAH gesprengt hätten – vier eigenständigen Fortschreibungen: EIN LEBENDER GEHT VORBEI / SOBIBOR, 14. OKTOBER 1943, 16 UHR / DER KARSKI-BERICHT / DER LETZTE DER UNGERECHTEN.

6 DVD, 985 Min., Farbe, mit ausführlichem Booklet und PDF-Materialien, Bestnr. 2000

SHOAH FORTSCHREIBUNGEN

4 Filme von Claude Lanzmann

EIN LEBENDER GEHT VORBEI – Was hatte ein Delegierter vom Internationalen Roten Kreuz von seinem Besuch in Theresienstadt zu berichten? [65 Min.]

SOBIBOR, 14. OKTOBER 1943, 16 UHR – Wie verlief der gelungene Aufstand in einem Vernichtungslager der Nationalsozialisten? [95 Min.]

DER KARSKI-BERICHT – Der legendäre Kurier des polnischen Widerstands, der Roosevelt persönlich von der Vernichtung der Juden Bericht erstattete. [49 Min.]

DER LETZTE DER UNGERECHTEN – Das ausführliche Gespräch mit Benjamin Murmelstein, der einzige »Judenälteste«, der überlebte. [210 Min.]

Mit ausführlichem Begleitmaterial im PDF-Teil. 2 DVD, Farbe, 409 Min., Bestnr. 2004

Zum Thema
„Judenvernichtung“
als Stream oder Download
sowie als DVD:

KORCZAK

Andrzej Wajdas meisterliches Porträt
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MUT ZUM LEBEN –
DIE BOTSCHAFT DER ÜBERLEBENDEN VON AUSCHWITZ

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JEAN AMÉRY –
DIE TORTUR

Die Nazi-Folter und ihre Narben

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FRITZ BAUER – GENERALSTAATSANWALT. NAZI-JÄGER

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PO-LIN –
SPUREN DER ERINNERUNG

Das verlorene Schtetl
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LEBENDE WARE (DDR 1966)

„Juden gegen Lastwägen“

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DIE GRAUEN DER SHOAH

Dokumentiert von sowjetischen Kameras

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Impressum

Redaktion Valeska Bertoncini
Design Christin Albert
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