DER KARSKI-BERICHT
Originaltitel: LE RAPPORT KARSKI
»Damals war ich eine Maschine. Ich erstattete Bericht.«
J. Karski
DER KARSKI-BERICHT
»Damals war ich eine Maschine. Ich erstattete Bericht.«
J. Karski
Der Zeuge
Jan Karski (eigentlich Jan Kozielewski) (1914–2000) · Polnisch-katholischer Jurist und Diplomat; legendärer Kurier der polnischen Exilregierung im Zweiten Weltkrieg. Zwei jüdische Vertreter schleusen ihn im Sommer 1942 zweimal durch einen Tunnel ins Warschauer Ghetto, damit er sich mit eigenen Augen ein Bild machen kann, um den Westmächten zu berichten. Wenig später gelingt es Karski in ein KZ nahe Lublin einzudringen und sich im Herbst 1942 mit den gesammelten Informationen nach London durchzuschlagen. Als Augenzeuge der Judenvernichtung spricht Karski bei den Alliierten vor, bei Regierungsvertretern und jüdischen Autoritäten in der ›freien Welt‹. Präsident Roosevelt empfängt ihn am 28. Juli 1943 persönlich im Weißen Haus. Sein Bericht stößt vielfach auf Unglauben. 1944 erscheint in den USA sein Buch ›Story of A Secret State‹, in dem er seine Missionen schildert (Dt.: ›»Mein Bericht an die Welt«. Geschichte eines Staates im Untergrund‹. München 2011). Nach dem Krieg bleibt Karski, der inzwischen offiziell seinen Decknamen angenommen hat, in den USA und beginnt eine erfolgreiche akademische Karriere als Professor in Washington. 1985 kommt Lanzmanns neuneinhalbstündiges Epos SHOAH in die Kinos. Karski schildert darin auf eindringlichste Weise die Gesuche der jüdischen Vertreter in Warschau und beschreibt seine zwei Besuche im Ghetto. 1994 erhält Karski die Ehrenbürgerschaft des Staates Israel.
»Während der 48 Stunden, die ich [1978] mit Karski gedreht habe, stellte ich ihm alle grundlegenden Fragen über seine Begegnungen mit den politischen, intellektuellen oder religiösen Führern in Großbritannien und den USA, und er hat darauf mit Aufrichtigkeit und sogar Enthusiasmus vor meiner Kamera geantwortet. … In SHOAH sagt Karski am Ende nur noch: »But I reported, what I saw.« »Ich habe berichtet, was ich gesehen habe.« Weiter nichts, so habe ich es gewollt. Künstlerisch war das die einzige Möglichkeit, die Strenge der Tragödie zu wahren. … Was ich vermitteln wollte, war die Realität, die Radikalität des Todes, des Unvermeidlichen. / SHOAH ist 9 ½ h lang, das war allemal genug, es sollte keine Fernsehserie werden, sondern ein Kunstwerk. Karski nimmt darin einen großen Raum ein: 40 Min. Redezeit, das ist 1/14tel des ganzen Films. Man kann sagen: Er ist eine der Hauptfiguren von SHOAH. Dort verkörpert er die Würde Polens und das Mitgefühl gegenüber den Juden. So ließ ich alle Details seiner Treffen mit den Westmächten weg. Die dramatische Konstruktion des Films verlangte es so. … Heute aber, Jahrzehnte später, erlangt dieser Teil eine andere Bedeutung und es stellt sich die fast metaphysische Frage: ›Was hieß es damals, zu wissen?‹ / Was heißt es, ein Zeitgenosse der Shoah zu sein? Was konnten Treblinka oder das Warschauer Ghetto bedeuten, von einem warmen und bequemen Schreibtisch in Washington aus gesehen?«